Wie die künstliche Intelligenz die Finanzbranche revolutioniert
Während die künstliche Intelligenz (KI) lange Zeit als mögliche disruptive Technologie gehandelt wurde, entwickelt sie sich allmählich zu einem Konzept, das die komplette Wertschöpfungskette des Finanzsektors tatsächlich auf den Kopf stellen könnte. Dieser Wandel ist eine Folge des enormen Potentials der künstlichen Intelligenz. KI-Technologien werden immer mehr dazu verwendet, um dem Verbraucher neue Produkte anzubieten, existierende Lösungen zu verbessern, die operative Effizienz von Geschäftsprozessen zu erhöhen und neuen Entdeckungen nachzugehen, die in innovativen Geschäftsideen münden.
Dabei beschreibt die künstliche Intelligenz nicht eine einzelne Technologie, sondern die Kombination aus verschiedenen technologischen Entwicklungen. Darunter fallen die Textgenerierung und maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache, das sogenannte Automatic Reasoning, prohabilistische Methoden, maschinelles Lernen, autonome und intelligente Agenten. Auf der Suche nach perfekten Lösungen wurden sie alle zu dem zusammengeführt, was wir heute unter künstlicher Intelligenz verstehen. Sie beschreiben Fähigkeiten, die denen eines Menschen gleichen oder sie sogar übertreffen. Doch trotz der vielen Vorteile, haben noch nicht alle Aspekte der künstlichen Intelligenz denselben Reifegrad erreicht. Manche von ihnen benötigen eine Entwicklungszeit von Jahrzehnten, darunter sogenannte „starke künstliche Intelligenzen“, die Maschinen irgendwann in die Lage versetzten könnten, die Intelligenz, Plastizität und das Verständnis des menschlichen Gehirns nachzuahmen. Es gibt jedoch bereits Aufgaben, die man bisher nur dem menschlichen Verstand zugetraut hat, die heute schon künstlichen Intelligenzen ausgeführt werden – in einem Prozess, der die Ersetzung menschlicher Arbeit durch industrielle Maschinen wiederspiegelt.
Der Finanzsektor ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, wie KI schon heute auf verschiedenen Ebenen wirkt:
- In einem verbesserten Kundenerlebnis und besseren Kundenbeziehungen durch eine menschlichere Interkation mit Chatbots, virtuellen Agenten und intelligenten Systemen, die auf miteinander kommunizieren und sich verständigen können, basierend auf Textgenerierung maschineller Verarbeitung natürlicher Sprache
- Durch ein deutlich bedarfsorientiertes Angebot von Diensten wie Robo-Advisors, individualisierten Produkten und der Registrierung neuer Kunden vollständig auf Online-Basis, basierend auf Machine Learning
- Durch die Automatisierung interner Geschäftsprozesse inklusive mechanischer und kognitiver Vorgänge, anhand der Nachbildung menschlicher kognitiver Fähigkeiten, wie dem Suchen und Verstehen von Sinn in einer Vielzahl von Dokumenten, dem Erkennen versteckter Muster und die Erstellung komplexer System
- Durch die vollständige effektive Verwendung von Finanzdaten, bei denen Machine Learning dabei helfen kann, Anomalitäten aufzudecken, Wirtschaftskriminalität zu bekämpfen und Prozesse in einer unendlichen Masse von Finanzproduktspezifizierungen zu automatisieren
In welchen Bereichen kann die künstliche Intelligenz das Finanzgeschäft am meisten beeinflussen?
Der Finanzsektor wird derzeit von der künstlichen Intelligenz geformt. Damit hat die Technologie gezeigt, dass sie mit ihrer disruptiven Eigenschaft tatsächlich das Potential hat, Finanzprozesse zu verändern. Dieser Wandel birgt viele Chancen und Möglichkeiten: Aus reinen Forschungsprojekten entsteht die tatsächliche Veränderung der wichtigsten Geschäftsprozesse. Was wir trotzdem noch nicht zu Gesicht bekommen haben, ist das eigentliche Wirkungspotential von künstlicher Intelligenz. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden wir zu Zeugen eines enormen Anstiegs von Prozessen und Anwendungen werden. Die Technologien haben bereits heute den Reifegrad, um Führungskräfte vor die Frage zu stellen, in welchen Bereichen sie sie einsetzen wollen, um ihre Geschäftsprozesse zu verändern. Das kann beispielsweise gelingen, in dem das Kundenerlebnis ausgebaut und die Kundenbeziehungen verbessert werden, indem neue Dienste angeboten und Aufgaben automatisiert werden, die menschliche, kognitive Fähigkeiten voraussetzen und indem neue Bereiche erforscht werden, um neues und verstecktes Wissen freizulegen. Es ist ebenso wichtig, zwischen verschiedenen Bereichen zu unterscheiden: So gibt es Bereiche, in denen KI bereits weitentwickelt ist und in denen schnelle, direkte Erfolge erzielt werden. Und es gibt andere Bereichen, die einen eher explorativen Ansatz erfordern, weil die Risiken höher sind, in denen aber auch Potential für vielversprechende, disruptive Ergebnisse liegt.
Abgesehen davon muss das Management-Team darüber hinaus auch die Umsetzungsstrategie sorgfältig planen. Um dies zu tun, kann es sich auf die Talente im eigenen Unternehmen verlassen, externe Profis hinzuziehen, mit FinTechs zusammenarbeiten, Blackbox-Produkte erwerben oder die Dienste einer Beratung wahrnehmen. All diese Möglichkeiten können auch in Zusammenarbeit mit internen Analyse- oder Innovationsteams passieren, indem sie als Spielwiese genutzt werden oder Prototypen auf Pilotprojekt-Basis erschaffen. Ein Beispiel hierfür ist das GFT Innovation Lab, indem FinTechs, Technologie-Startups und Finanzinsitute zusammenarbeiten, um verschiedene KI-Anwendungen zu untersuchen und zu konzipieren – sowohl auf Geschäftsebene als auch auf einem gewissen Technologieniveau – bevor sie diese in ihr Unternehmen integrieren.
Dazu kommt, dass Führungskräfte über Technologie-Plattformen nachdenken und diese identifizieren sollten, die am besten zu ihrem Unternehmen und ihrer Strategie passen. Sie können sich entweder für die interne oder externe Entwicklung entscheiden, um Kernfähigkeiten aufzubauen, eine Open-Source Infrastruktur (wie Hadoop oder TensorFlow) zu verwenden, Datenprodukte und Software-as-a-Service an FinTechs auszulagern oder Zugang zu cloudbasierten Lösungen (wie Amazon, IBM Watson, Google Cloud Platform und Microsoft Azure) zu bekommen. Schließlich sollten die Verantwortlichen mit diesem Prozess beginnen, indem sie Bereiche identifizieren, in denen künstliche Intelligenz implementiert werden kann, um Geschäftsprozesse zu verändern.
Starke Veränderung des Personalwesens durch künstliche Intelligenz
Die künstliche Intelligenz wird das jetzige – menschliche – Personal nicht vollständig ersetzen, doch sie wird das gesamte Personalwesen stark verändern. Durch einen anderen Fokus wird ein bisher nie dagewesenes Maß an Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine erreicht werden. Jede disruptive Technologie bringt auch eine Welle bisher unbekannter Jobs und Aufgaben mit sich. Wie in den späten 80er Jahren, als die Einführung von Computern tausende von Jobs kostete, steht uns nun erneut eine Verschiebung in Teams hin zu anspruchsvolleren Tätigkeiten bevor, beispielsweise bei Aufgaben, die einen ausgesprochen guten Kundendienst erfordern. Dazu kommt, dass KI-Algorithmen einer ständigen Überprüfung unterliegen müssen und zwar von professionellen Teams, die von immer fortschrittlicheren KI-Technologien unterstützt werden.
Kurzum: Technologien der künstlichen Intelligenz können genutzt werden, um gerade die intellektuellen Aufgaben zu automatisieren und zu industrialisieren, die man bisher nur dem menschlichen Gehirn zugetraut hat. Genau deshalb haben sie das Potential, den Dienstleistungssektor der Finanzbranche komplett zu revolutionieren. All das ist – ganz gleich der Schwierigkeiten, Risiken und unrealistischen, kurzgedachten Erwartungen, die jede neue Technologie mit sich bringt – möglich.