Künstliche Intelligenz: Warum gerade jetzt?

Die Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten 35 Jahren viel versprochen, doch außerhalb der akademischen Welt nicht viel geliefert. Was genau ist also Künstliche Intelligenz? Tatsächlich herrscht allein bei der Definition von KI ein großes Durcheinander. Ich würde mich gerne auf den Standpunkt von Gartner berufen, der Marketingbegriffe wie „kognitiv“ vermeidet und die englische Abkürzung von Artificial Intelligence – AI – als „Amazing Innovation“ auslegt. Im Grunde bringt uns Künstliche Intelligenz Lösungen, die wir nie für möglich gehalten hätten. Es handelt sich also nicht um einen evolutionären Wandel und damit Lösungen, die schrittweise zu einer Verbesserung führen, sondern um eine drastische Veränderung dahingehend, was überhaupt möglich ist.

Es gibt durchaus ein paar Merkmale, die alle Lösungen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz gemein haben:

  • Sie alle durchlaufen eine Trainings-, Validierungs- und Nutzungsphase mit den dazugehörigen Daten
  • Die meisten Lösungen benötigen riesige Datenmengen, um Allgemeingültigkeit zu erreichen
  • Es gibt eine Feedbackschleife, was bedeutet, dass die Modelle mit der Zeit „besser“ werden
  • Es herrscht ein gewisser Grad an Unvorhersehbarkeit dadurch, dass das System zufällig dazulernt, indem es den Lösungsraum erkundet

Die Ausrichtung zweier Planeten

Ich glaube nicht, dass es unter den Modewörtern in Technologiekreisen momentan ein größeres gibt als Künstliche Intelligenz. Auch bei Gartner stehen KI und Machine Learning (ML) gerade voll im Trend. Es scheint sich um die berühmte Lösung zu handeln, die ihr Problem sucht. Die Frage ist aber: warum? Warum genau jetzt, nach 35 Jahren? Die Antwort auf diese Frage liegt in der perfekten Ausrichtung zweier Planeten, die von einigen der größten Technologiegiganten unserer Moderne herbeigeführt wurde.

Amazon, Google und zum Teil auch Microsoft müssen für ihr Kerngeschäft groß angelegte Rechenzentrumsbetriebe aufbauen. Dafür benötigen sie Rechenzentren überall auf der Welt und eine dezidierte Netzwerkinfrastruktur, um sie verknüpfen zu können – und zwar auf eine extrem fehlertolerante Art mit niedriger Latenzzeit, die benötigt wird, um das Kerngeschäft zu unterstützen. Ganz egal, ob das nun in der Suche, dem Handel oder der Werbung liegt. Weil sie diese Infrastruktur geschaffen haben, sind sie in der Lage ihr Geschäft zu diversifizieren: Sie machen ihr Investment zu Geld, indem sie die Dienste für zahlende Drittparteien anbieten. Für uns auf den billigen Plätzen sieht die Technologie teilweise aus wie Zauberei, als ob 15 Jahre interne Innovation plötzlich auf einen Schlag freigelassen wurde und die Probleme löst, von denen der Rest von uns glaubte, sie seien unlösbar.

Der Datenplanet

In ihrer ursprünglichen Form benötigt Künstliche Intelligenz riesige Datenmengen, um nutzbar zu werden. Mit Hilfe der Cloud-Lösungen, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, können wir Petabytes an Daten zu einem Bruchteil der herkömmlichen Kosten speichern und bearbeiten. Diese Daten müssen zudem am richtigen Ort und rasch zur Verfügung stehen, damit das Modell das ganze Bild erfassen kann. Die größten Cloud-Anbieter kämpfen darum, diese Datenverfügbarkeit anzubieten (z.B. Google Big Data, Google Cloud Spanner und Microsoft Cosmos) und sich ihren Marktanteil zu sichern.

Der Rechenplanet

Wie bereits erwähnt, benötigen KI-Modelle einen Satz an Daten, um sie weiter zu entwickeln und dann Betriebsdaten, um Intelligenz zu kreieren (zum Beispiel Vorhersagen oder Diagnosen). Die Rechenressourcen für die Lernprozesse können durch die Cloud kostengünstig bereitgestellt werden. Erneut wird hier die Cloud zum Unterstützer der Künstlichen Intelligenz. In der Cloud sind nicht nur Central Processing Units (CPUs – Zentraleinheiten) verfügbar, sondern auch Graphics Processing Units (GPUs – Grafikprozessoren) und Tensor Processing Units (TPUs – anwendungsspezifische Chips). Diese einzelnen Units müssen parallelisiert und skalierbar arbeiten, damit KI-Modelle funktionieren können.

Es ist an der Zeit, die Cloud anzunehmen

In der Presse heißt es oft, dass im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz Menschen an ihren Arbeitsplätzen durch Maschinen ersetzt werden, die wiederum von einer kleinen Gruppe an Experten programmiert werden. Doch obwohl es durchaus zu Veränderungen kommen wird, ist dieses Zukunftsszenario unwahrscheinlich.

Anstatt durch Künstliche Intelligenz ersetzt oder zu dessen Lenker zu werden, ist es viel wahrscheinlicher, dass KI die Möglichkeiten der Mitarbeiter erweitert und die Künstliche Intelligenz daher als produktives Instrument gesehen werden sollte. Mehr Intelligenz wird noch schneller verfügbar sein und es Menschen ermöglichen, bessere Entscheidungen zu treffen, ganz speziell auch in einer Welt unstabiler Märkte, in der Kreativität, Empathie und andere Emotionen starke Einflussfaktoren sind.

Ein anderer fesselnder Blickwinkel, den es sich lohnt zu betrachten, ist die Rolle der Regulierer. Heute nutzt man Künstliche Intelligenz, um Handelsstrategien zu identifizieren, die dann in ein Standardregelwerk gegossen werden. Diese Strategien können aufgrund der Unvorhersehbarkeit in den Systemen nicht von einem neuronalen Netz geleitet werden. Wie auch bei anderen disruptiven Technologien (z.B. Blockchain und Cloud) wird der Regulierer sich Zeit lassen, bevor er entscheidet, was akzeptabel ist.

Das ist der Grund, warum wir die vielversprechendsten Anwendungsfälle momentan in Bereichen aufkommen sehen, in denen der Regulator nicht allzu besorgt über bestimmte Methoden, wie beispielsweise die operative Digitalisierung, Know-Your-Customer (KYC) oder Anti-Money-Laundering (AML) ist.

Günstige Datenberechnungen und Data Engineering in der Cloud sind heute die Grundlage für Künstliche Intelligenz Egal ob zur Kostenreduzierung, für neue und schnellere Einblicke in das Geschäft oder zum Anbieten besseren Kundeservices – jetzt ist der kritische Moment für Finanzdienstleister, diese innovative Technologie anzunehmen.

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