Arbeiten in einem anderen Land: Mit GFT von Spanien nach Deutschland – ein interkulturelles Abenteuer

GFT ist in den letzten Jahren stark gewachsen, mittlerweile beschäftigen wir Mitarbeiter in zwölf Ländern. Da ist es selbstverständlich, dass grenzübergreifendes Arbeiten zum Alltag gehört und interkulturelle Fähigkeiten im Konzern groß geschrieben und gefördert werden – auch im Zuge von Auslandseinsätzen. Oscar Albericio, Head of PSU Delivery & Technology, ist vor über drei Jahren mit seiner Familie von Spanien nach Deutschland gezogen. Im Interview spricht er mit uns über diesen Schritt, schwierige Situationen und lustige Anekdoten. Warum das Arbeiten in einem anderen Land bereichernd sein kann und über „das beste von zwei Welten“:

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Oscar Albericio, Head of PSU Delivery & Technology, GFT

Oscar, beginnen wir mit der nächstliegenden Frage: Wie kam es zu deiner Entscheidung, nach Deutschland zu gehen?

Oscar Albericio: Sagen wir mal so: Es war eine selbstverständliche Entscheidung, auch wenn es zehn Jahre gedauert hat, um zu diesem Punkt zu kommen. 2002 habe ich für GFT in Spanien gearbeitet und wurde gebeten, aufgrund einer kurzen Beratungsleistung für eine große deutsche Bank für zwei Wochen nach Deutschland zu reisen. Doch aus den zwei Beratungswochen wurde ein Projekt, das erste ein Jahr dauerte, dann zwei… Irgendwie wurde das Projekt damit zu einem entscheidenden Lebensereignis, denn ab diesem Zeitpunkt war ich zehn Jahre lang ständig beruflich in Deutschland.

2012 ergab sich dann während einer Antragsphase für ein ziemlich wichtiges Projekt die Möglichkeit für mich, nach Deutschland zu ziehen, anstatt die ganze Zeit dorthin zu reisen… und hier bin ich.

Nach so vielen Jahren war die Entscheidung, mit meiner Familie hierherzukommen, fast eine Art Kinderspiel – schließlich konnten wir so mehr Zeit als Familie verbringen. Darüber hinaus hatten meine beiden Mädchen – zwei tolle Teenager – so die Möglichkeit, spannende Erfahrungen zu sammeln, die auch für ihre Zukunft sehr wertvoll sein werden.

Wie habt ihr euch auf diesen großen Schritt vorbereitet?

Oscar Albericio: Unsere Gefühlswelt bestand aus einer Kombination aus Angst, Aufregung, Trauer und Glück. Man kann also durchaus sagen, dass eine gewisse psychologische Vorbereitung wichtig war.

Beispielsweise war es eine echte Herausforderung, meiner fast 14-jährigen Tochter zu erklären, dass der Umzug ein positives Erlebnis für unsere Familie und natürlich auch für ihre eigene Zukunft sein würde. Auch, wenn es bedeutete, dass sie ihre besten Freunde nicht mehr jeden Tag sehen würde. Meine jüngere Tochter, damals zehn Jahre alt, sah das ganz anders: Sie sehnte sich irgendwie sogar nach einem solchen Abenteuer.

Für den Rest der Familie, also Eltern, Brüder, Schwestern, war es ebenfalls eine große Veränderung. Wir sind eine sehr besondere Familie, die sich bis dahin fast jedes Wochenende getroffen hatte – das hat sich dann natürlich schlagartig geändert. Es brachte auch ein paar logistische Entscheidungen mit sich, wie den Kauf eines Laptops und ein paar spezielle Schulungen für die Großeltern, was Skype und andere moderne Technologien betrifft. Das hat schon geholfen, den Entfernungsfaktor kleiner erscheinen zu lassen.

Wo wir schon bei der Logistik sind: Natürlich hat das Abenteuer auch einige schwierige Entscheidungen mit sich gebracht. Wo sollen wir wohnen? Welche Schulen sollen wir aussuchen? Doch letztendlich haben wir – mit nicht unerheblicher Hilfe von und Gesprächen mit Freunden und Kollegen – alles hingekriegt. Auch GFT als Arbeitgeber hat uns unterstützt, wann immer wir Hilfe benötigten, sowohl aus Spanien, als auch Deutschland.

Auch wenn du Deutschland bereits kanntest: Wie habt ihr die erste Zeit hier erlebt?

Oscar Albericio: Die ersten Wochen waren eine Zeit des Entdeckens und Gewöhnens. Beispielsweise ein neues Haus in einem komplett neuen Umfeld: von der Wohnung in der spanischen Stadtmitte in ein Haus in einer deutschen Kleinstadt. Eine neue Schule mit anderen Regeln, neue und teils fremde Sprachen. Neue Freunde…

Außerdem sind da die vielen administrativen Schritte zu beachten: Krankenversicherung und Finanzamt, die amtliche Registrierung, Strom und Gas ins Haus zu bekommen, neue Handys kaufen, das Internet einrichten, weitere Versicherungen – da kann man schon mal Kopfschmerzen bekommen.

Aber ich habe ziemlich gute Kopfschmerztabletten und die GFT HR Abteilung in Deutschland hat uns toll unterstützt, mich durch den ganzen Prozess geführt und wann immer nötig geholfen – so lief alles rasch und reibungslos ab.

Gibt es einen essenziellen Faktor, der dir geholfen hat?

Oscar Albericio: Ich würde sagen, das wichtigste ist das „learning by doing“, sich den kulturellen Unterschieden bewusst zu sein und sich anzupassen: Lernen, was man tun kann und was nicht und wann man es tun kann und wann eben nicht. Es ist ein endloser Lernprozess, der nicht ohne die berühmten lustigen Situationen ablaufen wird, die man nie wieder vergisst.

Das klingt spannend! Jetzt musst du uns mehr erzählen!

Oscar Albericio: In einem der ersten Monate habe ich den Rasen gemäht – an einem Sonntag. Eben an dem Tag, an dem ich die Zeit dafür hatte. Meine achtjährige Nachbarin hat mich die ganze Zeit angeschaut, überrascht gelächelt und sich die Finger in die Ohren gesteckt. Sie hat auch gestikuliert, ich habe aber nicht verstanden, was sie mir mitteilen wollte. Bis mir ein Kollege bei einem Bier erklärt hat, dass man sonntags keinen Lärm machen darf. Ich hab mich furchtbar gefühlt. Auf Spanisch sagen wir dazu „Tierra Tragame*.“

Und was hat es mit dem Recycling auf sich!? Das war ein ganz schöner Schock für uns: Ein Jahreskalender mit einem Plan für jeden Tag, der einem sagt, welcher Müll wann abgeholt wird; vier verschiedene Mülleimer (Papier, Plastik, Bio und Restmüll), das Glas wird nach Farben sortiert, wenn man es nicht doch in einem Laden zurückgibt…

Nicht zu vergessen: Abgesehen vom neuen Land und der neuen Kultur mussten wir uns als Familie erst einmal daran gewöhnen, sieben Tage die Woche zusammenzuleben, was wegen meiner Geschäftsreisen zuvor lange nicht der Fall war.

Was genau ist jetzt, nach dem Umzug, deine Aufgabe bei GFT?

Oscar Albericio: Auf mich trifft der Begriff „Multitasking” ziemlich gut zu und ich kann ehrlich sagen, dass ich mich selten langweile. Auf Kundenseite bin ich Delivery und Account Manager für eine große deutsche Bank.

Dazu kommt auf Unternehmensseite die Aufgabe des PSU Technology Manager für Deutschland. Das bedeutet, ich bin für unsere Produktionseinheit verantwortlich, für Stellenbesetzungen, das Monitoring, Sales Support und Qualitätssicherung.

Wie haben dich die deutschen Kollegen aufgenommen?

Oscar Albericio: Meine deutschen Kollegen haben mich alle willkommen geheißen und gut aufgenommen. Sie waren alle sehr freundlich, haben mich unterstützt und mich behandelt, als wäre ich einfach ein weiterer Deutscher und nicht der exotische Spanier. Natürlich kannte ich viele von ihnen bereits sehr gut aus zehn Jahren Pendelei, weshalb der Eingewöhnungsprozess schnell ablief.

Jetzt ist es schon eine Weile her, dass ihr umgezogen seid – wie lange hat es denn gedauert, bis ihr euch eingelebt habt?

Oscar Albericio: Es sind jetzt dreieinhalb Jahre, seit wir umgezogen sind – die Zeit rennt! Wie gesagt, hat es eine Weile gedauert, sich anzupassen und obwohl unsere beiden Länder geographisch und kulturell gar nicht zu weit auseinanderliegen, gibt es doch viele Dinge, die gelernt werden müssen. Ich kann also nicht sagen, wie lange es dauert, bis man richtig ankommt, weil wir auf eine gewisse Art und Weise noch immer in einem Lernprozess stecken. Die pure Eingewöhnungsphase hat nur ein paar Wochen gedauert – seine Freunde und Familie zu vermissen, geht nie vorbei, aber nach ein paar Monaten gewöhnt man sich auch daran. Das erste Jahr war vor allem für meine Frau und meine ältere Tochter sehr schwierig, aber danach hat auch für sie die Sonne wieder geschienen.

Heute ist die ganze Familie glücklich in Deutschland, wir haben uns an unser neues Leben gewöhnt, neue Freunde gefunden und viele tolle Erlebnisse gehabt. Wenn wir also gefragt würden, ob wir es bereuen, hierher gezogen zu sein, wäre die Antwort: „NEIN“ – und zwar in Großbuchstaben.

Es gibt viele Dinge, die wir an Deutschland lieben: Das Sicherheitsgefühl, die Aufmerksamkeit, die man als Familie von der Regierung bekommt, die Möglichkeit, mit der Natur in Kontakt zu kommen. Was ich jedoch am meisten wertschätze, ist die multikulturelle Erfahrung, die meine Töchter hier mitnehmen dürfen. Unsere Welt wird mit jedem Tag ein Stückchen globaler und es ist daher ein großer Gewinn für die Zukunft, sich auf Vielfalt, Internationalität und Multikulturalität einstellen zu können. Nicht zu vergessen auch die Fähigkeit, Deutsch sprechen zu können – keine leichte Aufgabe – sowie Englisch und natürlich Spanisch.

Was würdest du sagen: Gibt es Unterschiede in den spanischen und deutschen Arbeitsmethoden?

Oscar Albericio: Ich finde, Stereotypen sind vor allem eins: Stereotypen. In Wirklichkeit geht es um die Menschen. Nicht alle Deutschen sind immer total organisiert und nicht alle Spanier sind Stierkämpfer oder machen einen Mittagsschlaf – die berühmte „Siesta“.

Unsere Arbeitsmethoden unterscheiden sich vielleicht ein bisschen hinsichtlich Zeitplanung und Flexibilität, aber letzten Endes erreichen wir die gleiche Produktivität. Vielleicht müssen Spanier ein bisschen an ihrem Zeitmanagement arbeiten und die Deutschen an ihrer Flexibilität. Unsere Methoden sind nicht immer gleich: Manche Spanier „zünden einfach die Kerze an“ um loszulegen, während manche Deutschen erst einmal überprüfen müssen, ob die besagte Kerze auch korrekt brennt. Zum Schluss erreichen wir aber alle unsere Ziele, umso besser sogar, wenn wir zusammenarbeiten. Und deshalb bin ich ein Glückspilz: Ich habe beide Welten um mich und kann vom Besten beider profitieren.

Auf alle Fälle haben wir – abgesehen von kleinen kulturellen Unterschieden – eine einzigartige und global ausgelegte Unternehmenskultur bei GFT – weshalb ich im Großen und Ganzen gar nicht so viele Veränderungen gespürt habe.

Vielen Dank für das Interview, Oscar! Wir wünschen dir und deiner Familie nur das Beste.


Anm. d. Redaktion: *Ich würde am liebsten im Boden versinken.

 

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