Vier Kernbereiche der FinTech-Angebote

Fintech-Startups versuchen neue Angebote zu kreieren, bei denen digitale Technologien und Finanzdienstleistungen so miteinander verbunden werden, dass für den Kunden ein zusätzlicher Nutzen entsteht. Dabei lassen sich die folgenden vier Schwerpunkte ausmachen: Payment und Zahlungsverkehr, Persönliches Finanz-Management (PFM), Trading- und Beratungsplattformen für die Vermögensanlage sowie neue Ansätze zur Finanzierung und Kreditvergabe.

Payment und Zahlungsverkehr

fintechstartupsDer Zahlungsverkehr ist der am längsten und von den meisten Fintech-Startups penetrierte Bereich. Da kann es nicht verwundern, dass einer Studie (1) unter europäischen Bankmanagern zufolge 95 Prozent der Befragten eine Gefahr für die Erträge durch neue Marktteilnehmer für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich halten.

Bekanntestes Modell ist PayPal, das den Banken schon deutlich Marktanteile abgenommen hat und auch ein gutes Beispiel dafür ist, dass die etablierten Banken Marktentwicklungen falsch einschätzen. Bevor eBay das Unternehmen im Oktober 2002 für 1,5 Milliarden US-Dollar erworben hat, wurde es zahlreichen internationalen Banken zum Kauf angeboten. Alle haben damals abgewunken…

Inzwischen gibt es in diesem Bereich eine Vielzahl von Angeboten sowohl durch neue Startups als auch durch etablierte Anbieter unterschiedlichster Provenienz.

Besonderes Aufsehen hat Apple mit seinem neuen Bezahlsystem Apple Pay (2) erzielt, das seit Oktober 2014 in den USA auf dem Markt ist. Aber auch Google,  Amazon sowie zahlreiche Mobilfunkanbieter sind inzwischen mit eigenen Lösungen in dem Bereich aktiv.

Hinzukommen Fintech-Startups, wie z.B. Cashcloud (3), das ein elektronisches Portmonee auf dem Handy anbietet, mit dem nicht nur bezahlt werden kann, sondern auch Rabattmarken gesammelt werden können oder via E-Mail, Facebook- bzw. Twitterkontakt Zahlungen von Person zu Person möglich sind.

Andere wie z.B. iZettle versuchen, durch innovative Leistungen am Point-of-Sale die Hoheit über ein Stück der Wertschöpfungskette zu erlangen.

Persönliches Finanz-Management (PFM)

Seinen Ursprung hat PFM in den USA, wo der Pionier in diesem Bereich Mint nach eigenen Aussagen inzwischen über vier Millionen Nutzer hat. In Europa entwickelt sich das Thema entsprechend der Durchdringung der Nutzung des Internet und des Online-Banking von Nord nach Süd.

In Deutschland ist die Comdirect-Bank Pionier und bietet ihren Kunden seit dem Frühjahr 2014 PFM unter der Bezeichnung „Persönlicher Finanzmanager“ (4) integriert in das Online-Banking an. Inzwischen haben Teile der Genossenschaftsbanken sowie die DAB nachgezogen. Weitere Markteinführungen stehen bevor.

Im Bereich PFM dominiert das B2B-Geschäft, d.h. Spezialunternehmen bieten den Banken White-Label-Lösungen für deren Kunden an. Die Comdirect hat ihr PFM z.B. gemeinsam mit dem nordischen Startup Meniga entwickelt, das derzeit zu den führenden europäischen Anbietern in diesem Bereich zählt.

Derartige Endkundenangebote von Startups tun sich schwer, unter anderem weil Kunden in diesem Bereich den Banken mehr Vertrauen entgegenbringen, wie eine Umfrage von IBI Research der Universität Regensburg zeigt (5).

Trading- und Beratungsplattformen für die Vermögensanlage

Traditionell ist der Bereich Geldanlage ein hochprofitabler Bereich für die Banken jedoch zugleich ein umstrittener, was den Kundennutzen anbelangt. Immer wieder kritisieren Verbraucherschützer Falsch- oder Schlechtberatung durch die Banken und auch der Gesetzgeber versucht, z.B. mit Einführung des Beratungsprotokolls oder dem Zwang zur Offenlegung von Provisionen die Position der Kunden zu stärken.

Hier setzen Startups wie Vaamo, Geldempfehlung oder Moneymeets an, die online gestützte Portfoliooptimierung für Privatkunden anbieten. Übersichtlich gestaltete, auf das wesentliche reduzierte und verständliche Angebote, die zudem gegenüber traditionellen Angeboten preisgünstiger sind, sollen es Endkunden erleichtern, ihre Spar- und Vermögensziele zu erreichen.

Doch auch in diesem Bereich gilt: Ein Angebot kann noch so gut sein, es dauert, bis eine kritische Masse an Kunden gewonnen werden kann und die etablierten Banken schlafen nicht, wie die jüngste Ankündigung der Deutschen Bank zeigt (6), die in diesem Bereich mit einem eigenen innovativen Angebot auf den Markt kommen will.

Neue Ansätze zur Finanzierung und Kreditvergabe

Der Kreditbereich zählt zu den ursprünglichsten Kernbereichen von Banken, heißen diese doch nicht umsonst Kreditinstitute, und sind im Kreditwesengesetz geregelt. Doch auch dieser Bereich wird von diversen Fintech-Startups attackiert.

Unternehmen wie Smava oder Auxmoney versuchen in Deutschland sogenanntes Peer-to-Peer-Lending zu etablieren, also Kreditgeber und –nehmer direkt und unter Umgehung der Banken zueinander zu bringen.

Hinzu kommen Spezialanbieter wie z.B. Klarna, Ratepay oder Billpay, die auch Absatzfinanzierung anbieten. Speziell in diesem Bereich erscheinen Experten zufolge disruptive Innovationen durchaus möglich.

Noch sind allerdings hohe Marketingkosten und fehlende Erfahrungen im Risikomanagement ein Pluspunkt für die etablierten Banken.

Fazit

Viele Fintech-Startups versuchen mit ihren Lösungen in die traditionelle Sphäre der Banken und Sparkassen einzudringen und ihnen Kunden wenn schon nicht komplett, dann zumindest in bestimmten Bereichen abzujagen. Dabei gibt es vielfältige attraktive Angebote, deren Nutzen für den Kunden schnell ersichtlich wird. Ob es ihnen gelingt, damit nachhaltig das Kundenverhalten zu ändern und selbst eine ernstzunehmende Konkurrenz für die etablierten Anbieter zu werden oder sie von etablierten Banken aufgekauft werden, die diese Ideen dann in ihr eigenes Angebot integrieren, werden allerdings erst die nächsten Jahre zeigen.

Links

  1. Der Bank-Blog: Die Zukunft des Retail Bankings in Europa
  2. www.der-bank-blog.de/?p=14141
  3. Der Bank-Blog cashcloud – Wir haben dem Bargeld den Kampf angesagt!
  4. Der Bank-Blog: Persönliches Finanz Management startet in Deutschland
  5. IBI: Studie: Personal Finance Management
  6. IT-Finanzmagazin: Deut­sche Bank: Online-​​Banking mit pho­to­TAN und Fin­ger­ab­druck (ab iPhone 5s)

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Experte für Banking, Innovation, Social Media, Change Management, Kundenservice und Vertrieb. Er arbeitet als Unternehmensberater und Interims-Manager für Kreditinstitute. Im Bank Blog berichtet er über aktuelle und grundsätzliche Entwicklungen der Finanzbranche und ist außerdem gefragter Redner und Moderator im In- und Ausland.

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