Gemeinsam entwickelt, doppelt gespart: Wie Schweizer Banken beim Quellensteuerabkommen kooperieren

Fünf Schweizer Banken haben gewagt, was bislang in der Finanzlandschaft eine Seltenheit ist. Sie kooperierten bei der Entwicklung einer IT-Lösung zum Thema Quellensteuer. Dabei sparten sie nicht nur Kosten, sondern schufen zudem die Basis für einen zukünftigen engeren Informations- und Erfahrungsaustausch aller Beteiligten.

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Erfahrungsbericht von Simon Leumann (Basellandschaftlichen Kantonalbank) und Flavio Curti (GFT Schweiz) (v.l.n.r.)

Am 1. Januar 2013 traten die Quellensteuerabkommen der Schweiz mit Grossbritannien und Österreich in Kraft. Demnach wird für nicht-deklarierte Vermögenswerte bei Schweizer Banken einmalig eine Pauschalsteuer an den entsprechenden Fiskus überwiesen. Dies geschieht anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Künftige Erträge werden dann genauso besteuert wie in Grossbritannien bzw. Österreich. Simon Leumann (Mitglied der Geschäftsleitung der Basellandschaftlichen Kantonalbank) erklärt aus Bankenperspektive und Flavio Curti (Principal Consultant GFT Schweiz) aus Sicht des IT-Dienstleisters,  was die Kooperation so erfolgreich  machte.

Wie kam es zu der Kooperation?

Leumann: Die neue Quellensteuer stellte besonders hinsichtlich der Abwicklung der Vergangenheit ein Problem dar. Viele kleine und mittlere Banken – so wie wir – sahen immense Kosten auf sich zukommen. Nur vergleichsweise wenige Kunden waren bei uns betroffen, gleichzeitig entwickelte der Kernbankenanbieter Avaloq keine Standardlösung.  Für uns lohnte es sich kaum, selbst eine Vorgehensweise zu definieren und diesen Prozess technisch im Kernbankensystem umzusetzen. Deshalb entschlossen wir uns, den Weg der Kooperation zu gehen und fanden schließlich vier Mitstreiter, die in einer ähnlichen Situation waren wie wir.

Warum fiel die Entscheidung auf die Avaloq-Experten der GFT Technologies (Schweiz) AG?

Leumann: GFT hat uns auf fachlicher und auf technischer Seite überzeugt. Zum Beratungsgespräch  brachten die Experten bereits konkrete Vorschläge und Implementierungsmöglichkeiten zur Datenbeschaffung und -aufbereitung  mit.

Curti: Wir hatten zur Veranschaulichung einen Prototyp entwickelt, um unsere Vorschläge praxisnah diskutieren zu können. Das Ergebnis war eine gemeinsame Lösung für den Prozess der Steuerabwicklung. Auf dieser Grundlage setzten wir später die praktische und organisatorische Implementierung um.

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Leumann: “Transparenz und Kommunikation schaffen Vertrauen.”

Curti: Die Ausgangssituation der Banken und auch die internen Richtlinien waren recht unterschiedlich. Deshalb haben wir eine Basislösung entwickelt und diese dann individuell angepasst. Entscheidend war dabei, dass wir Leistungen und Kosten zu jeder Zeit transparent gehalten haben.

Leumann: Für mich ist das ein entscheidender Erfolgsfaktor des Projektes. Oft sind IT-Dienstleister hoffnungslose Optimisten und wollen alle Probleme bewältigen. Die Realität ist dann oftmals ernüchtern. In unserem Projekt wurden unerwartete Aufwände und zusätzliche Kosten immer offen angesprochen, so entstand Vertrauen.

Curti: Trotzdem blieben wir von unangenehmen Überraschungen nicht verschont: Während des laufenden Projektes wurde das Quellensteuerabkommen immer wieder verändert. Darauf mussten wir schnell und flexibel reagieren, neu entwickeln und neu testen. Ich war immer wieder erstaunt, wie gut dies gelungen ist. Alle Beteiligten sahen sich als gleichberechtigte Sparringspartner – das trug für mich ebenfalls wesentlich zum Gelingen der Kooperation bei.

Leumann: Die Vertrauensbasis, die durch das abgeschlossene Projekt zwischen uns Banken entstand, ist eine gute Grundlage für zukünftige gemeinsame Lösungen. Wichtig ist in jedem Fall, dass sich alle austauschen und Informationen mit einbringen. Keiner darf nur Nutznießer sein. Wir müssen jedoch bedenken, dass sich nicht alle Themen für eine Kooperationslösung eignen. Optimal ist ein Projekt, von dem sich keiner der Beteiligten Wettbewerbsvorteile verspricht.

Konnte das Ziel, Kosten zu sparen erreicht werden?

Curti: Definitiv. Hier hat sich das Projekt für die Beteiligten eindeutig gelohnt. Bei vergleichbaren Projekten, in denen GFT Individuallösungen entwickelte, waren die Kosten rund doppelt so hoch.

 

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