Studie: Deutsche Bank Research befragt GFT Experten zum Einsatzpotential biometrischer Verfahren

Komfortabel oder unsicher? Fortschrittlich oder unreif? Biometrie gewinnt durch den stark wachsenden Bereich der Internetdienste immer mehr an Bedeutung – und stößt doch immer noch auf große Skepsis. Werden sich Spracherkennung & Co. flächendeckend durchsetzen? Können sie traditionelle Identifikationsverfahren nur ergänzen oder auch ersetzen? Wir haben mit Bernd-Josef Kohl über Trends und Entwicklungen in diesem Bereich gesprochen. Als GFT Experte war er unter anderem an der aktuellen Studie von DB Research „Der vermessene Mensch – Biometrische Erkennungsverfahren und mobile Internetdienste“ beteiligt.

Bernd-Josef Kohl - Head of International Business Consultants
Bernd-Josef Kohl – Head of International Business Consultants

Mihaela Budja: Warum eine Studie zum Thema Biometrie?

Bernd-Joseph Kohl: Biometrische Erkennungsverfahren werden als Sicherheitstechnologie immer wichtiger. Ein Grund hierfür ist, dass traditionelle Identifikationsmechanismen durchaus ihre Schwächen haben; ein anderer liegt darin, dass die Einsatzmöglichkeiten für Biometrie immer vielfältiger werden – vor allem im Bereich der Finanzdienstleistungen. Beides führt dazu, dass sich der Markt rasant entwickelt. Für mich war es sehr spannend, mit meinen Erfahrungen aus der Praxis dazu beizutragen, dem Thema fundiert auf den Grund zu gehen.

MB: Wie groß sind die Vorbehalte gegen biometrische Verfahren noch?

BK: Für Millionen von Nutzern von sozialen Netzwerken ist es inzwischen alltäglich, dass Fotos von Personen automatisch gekennzeichnet und verlinkt werden. Auch wenn dieses Thema durchaus heiß diskutiert wird, ist die Tendenz steigend. Ein weiteres Beispiel: Sprach-Apps für das Mobiltelefon und die dafür notwendige Erstellung von Sprachprofilen sind nichts Neues mehr und werden weitgehend akzeptiert.

MB: Gilt das auch für den Bankenbereich?

BK: Nein, hier steckt die Biometrie eher noch in den Kinderschuhen. In einigen Ländern wie Japan oder Brasilien gehören Geldautomaten mit Finger- oder Handflächenvenenbiometrie durchaus schon zum Straßenbild. In Deutschland wird es noch eine Weile dauern, bis Kunden mithilfe dieser Verfahren Geld abheben werden. Grundsätzlich kann man sagen: Biometrie wird in ausgewählten Bereichen wie an Flughäfen oder bei Zugangskontrollen zu Betrieben eingesetzt, hat aber im Bankenumfeld noch nicht den Massenmarkt erreicht.

Für eine höhere Akzeptanz in diesem Bereich kommt es stark auf die Einführungsstrategie an. Hierzulande spielen Daten- und Verbraucherschutz eine sehr wichtige Rolle; Banken müssen das Thema also sehr bedacht angehen. Es wird letztlich darum gehen, die Faktoren Sicherheit, komfortable Nutzung und Kosten in die richtige Balance zu bringen.

MB: Also gibt es in naher Zukunft kein Potenzial für Massenanwendungen?

BK: Doch, durchaus. Großes Potenzial gibt es bei generellen Legitimationsprüfungen, bei Zugangs- und Anwesenheitskontrollen, bei POS-Terminals sowie im mobilen und stationären Zahlungsverkehr oder bei Kredit- oder Debitkarten. Mit biometrischen Geldautomaten oder biometrischen Merkmalen auf der Bankkarte laufen bereits Testreihen.

MB: Haben traditionelle Identifikationsverfahren ausgedient?

BK: Mittel- und langfristig wird die Biometrie den Magnetstreifen auf der Karte ebenso wie PIN und TAN ersetzen. Ich gehe davon aus, dass sich zwei Verfahren durchsetzen werden: die Sprachbiometrie im Bereich der Anwendungen für Mobiltelefone und der Finger- und Venenscan auf der Girocard.

MB: Wohin geht die Reise? Wie sieht der biometrische Alltag 2030 aus?

BK: Vorstellbar sind viele spannende Einsatzmöglichkeiten für biometrische Verfahren: beispielsweise das Smart Home mit intelligenten Gegenständen, die sich an die Bedürfnisse der Bewohner anpassen. Vor allem die Vernetzung von Alltagsgegenständen wird immer wichtiger werden. Darüber hinaus gibt es großes Potenzial im Bereich Sicherheit, Gesundheit und in der Automobilbranche, aber im Finanzsektor: Bereits 2013 planen namhafte Banken wegzugehen von mTAN und iTAN und wollen im Laufe des nächsten Jahres ein neues Verfahren ausrollen. Hier wird sich also schon in naher Zukunft viel tun.

Die Studie „Der vermessene Mensch – Biometrische Erkennungsverfahren und mobile Internetdienste“ steht auf Deutsch und Englisch zum kostenlosen Download auf der GFT Website zur Verfügung.

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