Banken und Sparkassen vs. Google Wallet

Zum Thema Mobile Payment trafen sich Erwin Selg, Chief Technology & Information Officer, und Miguel Reiser, Director Business Marketing, zum Gespräch.

Miguel Reiser: Der Trend Mobile Payment ist derzeit auf dem Vormarsch. Ein Meilenstein war mit Sicherheit der Launch des mobilen Bezahlsystems „Wallet“, das Google im Sommer 2011 gestartet hat. Ich persönlich finde es sehr reizvoll, in Zukunft mit Hilfe meines Smartphones und Near Field Communication (NFC) draht- und bargeldlos bezahlen zu können. Nur was passiert im Zuge dieser Entwicklungen in der Bankenwelt? Deutsche Banken und Sparkassen wollen den Dienst bislang nicht unterstützen und lehnen Google Wallet aus Datenschutzgründen ab…

Erwin Selg: Ja, es ist in der Tat so, dass sich immer mehr Banken mit Mobile Payment befassen, aber oft nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit. Technologische Trends schreiten rasch voran und der Kunde wird nicht auf die Banken warten; er wird nutzen, was ihm angeboten wird und wie man sieht sind die Technologie- und Internetfirmen die Treiber von Mobile Payment.

Miguel Reiser: Allerdings schließen manche Banken jetzt Kooperationen mit technischen Payment-Plattformen, die an das Kernbanksystem angeschlossen werden können. Andere wiederum versuchen, die neuen Technologien an die alten Verfahren zu binden.

Erwin Selg: Ein Mobile Phone wird aber immer „intelligenter“ sein als eine Kreditkarte mit NFC-Chip und mit der Zeit werden immer noch ausgereiftere Anwendungen und raffiniertere Geschäftsmodelle möglich werden.

Miguel Reiser: Absolut, es ist immer wieder erstaunlich, wie rasend schnell die technologischen Entwicklungen vonstatten gehen. Um nochmal auf die Kooperationen zurückzukommen: Verschiedene Banken schaffen es, sich eine Rolle als Backbone zu sichern, wie etwa die Citibank bei Google Wallet.

Erwin Selg: Das ist richtig. Das Problem dabei ist aber, dass die Banken hier den Kundenkontakt verlieren und durch einen Technologie-Layer vom Kunden getrennt werden. Was das bedeutet kann man beispielsweise anhand von Paypal bereits jetzt im Ansatz sehen. Für eine normale Banküberweisung brauche ich SWIFT-Code, IBAN, BIC etc., ich muss über Hürden in das Onlinebanking der Bank gehen. Bei Paypal brauche ich lediglich eine Mailadresse oder eine Telefonnummer, und meist geht ein Transfer schneller und billiger.

Miguel Reiser: Aber wird diese Entwicklung nicht lediglich auf das day-2-day-Banking Auswirkung haben?

Erwin Selg: Die Frage ist, warum sollte es das? Das Bankgeschäft ist entstanden aus dem Verleihen von Geld und hat seine Bedeutung durch die Übernahme des Zahlungsverkehrs weiter gesteigert. Beides kann heute schon geschehen, ohne mit einer Bank direkt in Kontakt zu treten. Das Geschäft passiert beim Kunden und wer beim Kunden ist, kann dort tätigen, was immer ihm möglich und nützlich erscheint.

Miguel Reiser: Denkst Du, diese Entwicklung ist noch aufzuhalten?

Erwin Selg: Nein! Die Psychologie der Anwender und Kunden wird vielleicht etwas Zeit brauchen, um sich ganz von den Banken zu lösen. Aufzuhalten ist die Entwicklung allerdings nicht mehr. Die Chance für Banken liegt darin, sich durch Partnerschaften möglichst tief in das neue Ökosystem einzubinden.

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